„60.000 Schweine werden täglich in Tönnies-Betrieben getötet, das sind 40 Schweine in jeder Minute, alle 2 Sekunden mindestens ein Schwein.
Doch es sind nicht allein die Zahlen von ununterbrochenen Massentötungen hinter weißen blickdichten Fassaden, die erschrecken, sondern auch das unsägliche Leid von sehr empfindsamen und intelligenten Lebewesen. Ihr Leben wird von der ersten Sekunde an, wenn sie das Licht der Welt erblicken, bis zur letzten angstvollen Minute mit Füßen getreten. Sie werden nur als Produkte unseres Wirtschaftssystems gesehen, billige Nahrung, vollgestopft mit Medikamenten und Antibiotika.“ So beginnt eine Rede des Dortmunder Pfarrers und Mitglied des bundesweiten Vereins „Aktion Kirche und Tiere“, abgekürzt: AKUT, Friedrich Laker. Er kann aus terminlichen Gründen heute nicht dabei sein.
Ich stehe hier als Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde Gütersloh, in deren Presbyterium wir am Donnerstag über diesen Trauermarsch gesprochen haben, und ich bin beauftragt, hierher zu kommen und zu Ihnen zu sprechen.
AKUT schrieb schon 2008 beim Protest gegen die ständige Erweiterung z.B. des größten Tönnies-Schlachtbetriebes in Weißenfels: „Tiere sind keine Schlachttiere, sondern Gottes Geschöpfe und haben eine Würde, für deren Missachtung Tönnies zum Zeichen wird. ...
Wir verurteilen den Umgang mit unseren Mitgeschöpfen in Haltung und Schlachtung, die Tönnies zu verantworten hat, als Sünde an Schöpfung und Kreatur. Er widerspricht dem Willen Gottes, der ein Leben für alle in Würde will und schafft. Gegen eine Kultur des Schlachthofs und der Lebensvernichtung erinnern wir an eine „Kultur des Lebens und der Achtsamkeit“, die uns die Bibel lehrt.“
Ja, die Bibel erzählt, dass der Mensch am Anfang den Auftrag bekam, die Schöpfung zu bebauen und zu bewahren. Sie ist uns als Lebensraum und Wohnung geschenkt, nicht zur Ausbeutung und Vernichtung freigegeben. Dieses Geschenk will im Gedenken an den Schöpfer pfleglich behandelt werden. Wir tragen die Verantwortung für den Umgang mit Gottes guter Schöpfung. Diese Verantwortung können wir nicht von uns weisen oder zurück geben. So leicht entlasten und entschulden wir uns nicht. Das hat viele Aspekte.
Die Frage, die uns gerade beschäftigt, ist unser Verhältnis zu den Nutztieren: Wenn man einem Lebewesen Auge in Auge gegenüber steht, würden die wenigsten von uns es schaffen, dieses zu töten. Paul McCartney soll einmal gesagt haben: „Wenn die Schlachthäuser Wände aus Glas hätten, wären alle Menschen Vegetarier oder Vegetarierinnen.“
Aber wenn das Fleisch im Kühlregal liegt, nehmen wir es einfach mit für den Grill.
Im Interesse der Tiere – unserer leidensfähigen Mitgeschöpfe – müssen wir unseren Fleischkonsums reduzieren oder gar beendigen; das tut übrigens auch uns Menschen gut. In der Evangelischen Kirchengemeinde Gütersloh haben wir die vergangenen zwei Fastenzeiten dazu aufgerufen, sich eine bestimmte Anzahl von Tagen in der Woche fleischfrei zu ernähren. Wir haben gebeten, das zu melden, und haben an Ostern die Teilnahme an einem gemeinsamen vegetarischen Essen verlost.
Ich lese noch einmal aus dem Text von Friedrich Laker von AKUT, Aktion Kirche und Tiere:
„Tönnies baut einen neuen Schlachthof in Spanien, in dem 2,4 Mio. Schweine jährlich geschlachtet werden sollen. Warum Spanien?
Tönnies dürfte mit seinen Bauplänen dort auf deutlich weniger Widerstand treffen als in Deutschland. Zum einen gibt es in Spanien eine weniger schlagkräftige Umweltbewegung. Zum anderen interessiert sich die Bevölkerung bisher wenig für die Themen Tierwohl, Fleischverarbeitung, Mitarbeitendensituation in der Fleischbranche usw.. Das ist ein Skandal. Die Tatsache enthält aber auch eine positive Botschaft:
Tönnies fürchtet zur Zeit, was hier in Deutschland auf den Straßen und in den Sozialen Netzwerken an Protesten geschieht.“
Lasst uns weitermachen!
Als Pfarrerin, die hier in Rheda vor einer Kirche steht, möchte ich mit einem Segen enden:
Herr, unser Schöpfer,
gesegnet hast du deine Geschöpfe,
Menschen und Tiere,
aus deiner Hand kommen sie und wir.
Deine Liebe hat uns zusammengebracht.
Wir haben uns von dir entfernt
und darum die Mitgeschöpfe preisgegeben
an Willkür, Ausbeutung und Experiment.
Herr, dein Segen bringe uns wieder zusammen.
Lass uns den Regenbogen erkennen,
der über uns und sie gespannt ist.
Mache uns wieder dankbar für dein Geschenk,
öffne uns die Augen für den Reichtum dieser Erde.
Segne uns durch neues Staunen.
Lass uns auf die Sprache achten,
die Bruder und Schwester Tier sprechen,
lass uns achten auf die Sprache
von Pflanzen, Blumen und Bäumen.
Segne uns durch neue Freude über alle Geschöpfe
und halte uns verbunden in dir.
Eberhard Röhrig (Schöpfungssegen)
Pfarrerin Erika Engelbrecht