„Once a Human Rights Teacher was Born in Bethlehem“
Oktober 2023. Ein Rundbrief von Nora Müller (nora.mueller.de@gmx.de) 10 Jahre nach meinem FSJ in Beit Jala, Palästina. Ich hoffe ich kann auf diese Weise eine Stimme für meine angeheiratete Familie, meine Freunde und Freundinnen und alle Menschen vor Ort sein.
Dieses Graffiti an der Mauer in Bethlehem habe ich 2011 bei meiner ersten Reise nach Bethlehem gesehen. Dieses Zitat hat mich seitdem nicht losgelassen.
Dass Jesus, der so viel WERTvolles über den Wert und die Würde eines jeden Menschen gelehrt hat, ausgerechnet an einem Ort geboren ist, an dem heute täglich Menschen die Würde anderer Menschen antasten, habe ich irgendwie immer in Hinterkopf.
1. Was ich gerne sagen möchte.
Die Bilder, die wir sehen, sind schrecklich und jedes verlorene Menschleben ist ein Menschenleben zu viel. Das macht betroffen, traurig und wütend.
Es gibt keine Rechtfertigung für diese Art von Gewalt, wie wir sie in den letzten Tagen gesehen haben.
Dennoch denke ich, dass diese Situation einen Kontext hat, den man nicht ausklammern darf. Ich habe mittlerweile mehr Bauchschmerzen gar nichts dazu zu sagen, als mich dazu zu äußern.
Schon ich in der Vergangenheit hatte ich oft das Bedürfnis mich zu der Thematik zu äußern. Seit ich mich mit dem Thema befasse, wurde mir früh ans Herz gelegt mich mit einer doppelten Solidarität für sowohl Israelis als auch Palästinenser auszustatten. Für beide Seiten einzustehen. Das habe ich in der Vergangenheit genauso wie heute auch stets getan. Dies hat mich jedoch oft verunsichert mich fern ab persönlicher Gespräche zu positionieren. Wenn ich mich jetzt 13 Jahre später umschaue, habe ich das Gefühl diese doppelte Solidarität existiert gar nicht.
Wann fangen wir an zu verstehen, dass sich das nicht widersprechen darf?
Ermordungen von israelischen Zivilisten und gleichzeitig militärische Gewalt an Palästinensern zu verurteilen schließt sich doch nicht aus!!! Im Gegenteil! Es setzt ein Zeichen gegen Gewalt und Unterdrückung aller Menschen!!!
Wir müssen es aushalten können, dass das Leid und die Emotionen auf beiden Seiten für sich stehen dürfen, gehört werden und beweint werden.
Wir dürfen in der Berichterstattung auch nicht vergessen, dass alleine dieses Jahr viel zu oft Palästinenserinnen und Palästinenser durch israelische Waffen getötet wurden und so viele Minderjährige verhaftet wurden wie noch nie zuvor. Widerstand gegen "gewaltvolle Herrscher und Regierungen" wird überall auf der Welt heroisiert, nur den Palästinensern wird offenbar das Recht auf Widerstand egal in welcher Form verwehrt und vorgeworfen.
Was meine ich damit?
Dieser Krieg zwischen Israel und Palästina ist schon seit Jahrzehnten kein Krieg von Soldat gegen Soldat, sondern eine Besatzung, die immer wieder ihre Militärgewalt gegen die palästinensische Zivilbevölkerung richtet, Völkerrecht bricht und illegal (bspw. durch den Aufbau von illegalen Siedlungen) und gewaltsam Land der palästinensischen Bevölkerung enteignet. Diese Handlungen sind für Palästinenser Alltag und nicht aus ihrer täglichen Lebensrealität wegzudenken. Darüber wird hier oft zu wenig informiert.
Es fällt mir täglich schwer zu verstehen, wie diese offensichtlichen Menschenrechtsverletzungen, mit denen wir seit Jahren dauerhaft konfrontiert werden, einfach so hingenommen werden.
Ich höre in Diskussionen sehr oft, dass die schreckliche Gewalt, die wir durch die Hamas sehen, zu verurteilen ist, weil sie sich an Zivilisten richtet und nicht an eine Kriegspartei, beziehungsweise die israelische Armee.
Die Gewalttaten der Hamas sind uneingeschränkt zu verurteilen egal an wen sie sich richten! Natürlich besonders grausam, dass sie sich an die Zivilbevölkerung Israels richteten. Nicht vergessen werden darf dabei aber auch, dass die Völkerrechtsbrüche, die tägliche Militärgewalt, die Schikanen der Besatzung und damit auch die Beschneidung vieler Rechte sowie die Verhaftung und ‚Ermordung‘, die seit Jahrzehnten an der Tagesordnung im Westjordanland und Gaza stehen, sich
eigentlich ausschließlich an die palästinensische Zivilbevölkerung richten. Angriffe auf die Zivilbevölkerung sind in diesem Land kein neues Phänomen und in Palästina Alltag.
Warum also sind uns die Zivilisten in Palästina weniger wert, möchte ich provozierend fragen. Warum schreien wir unsren Schmerz darüber, dass unschuldige Menschen unterdrückt und getötet werden (auch schon vor diesen furchtbaren Tagen) nicht für diese Menschen in die Welt? Warum solidarisieren wir uns nicht mit der Mutter, die an einem Tag ihre beiden Söhne begraben muss, die auf dem Weg zur Uni erschossen werden. Oder mit der Familie des Mädchens die auf der Suche nach ihrer Katze auf ihrem eigenen Hausdach "neutralisiert" wurde? Oder mit den Geschwistern des jungen Mannes der seit über 20 Jahren ohne Prozess unschuldig im Gefängnis sitzt? Als Jugendlicher verhaftet und sein Leben verloren.
Wenn wir uns jetzt wieder NUR bedingungslos hinter Israel stellen und uns NUR mit den Opfern terroristischer Gewalt in Israel solidarisieren und Israel sofort alle Maßnahmen, die sie ergreifen als Selbstverteidigung legitimieren, dann müssen wir uns Bewusst machen, dass genau dieses Verhalten seit vielen Jahren den Frust und die Perspektivlosigkeit in Palästina befeuert.
Noch schlimmer: dass man es nicht schafft sich mit zivilen Opfern israelischer Militärgewalt, die der Krieg täglich fordert zu solidarisieren, entzieht den Palästinenserinnen und Palästinensern jede Grundlage an Würde und Hoffnung.
Das Narrativ was dadurch entsteht, dass Palästinenser kein Recht auf Selbstverteidigung und Widerstand haben, macht sie am Ende weniger zu Menschen dieser Welt.
Ist es uns egal ist, wie viele palästinensische Menschen ihr Leben unter der Besatzung verlieren? Wird der Nahost-Konflikt immer erst zum Thema, wenn auch Israel betroffen ist?
Wir müssen uns eingestehen in den letzten Jahrzehnten eine Welt geschaffen zu haben, in der das Leben einer Palästinenserin oder eines Palästinensers weniger wert zu sein scheint. Auf dieser Basis kann kein Frieden entstehen. Das kann gar nicht passieren.
Es schmerzt mich diese Worte zu formulieren, aber diese Art Menschen zu behandeln kann nichts anderes als ein Nährboden für Hass sein.
Wir müssen uns Bewusst machen, welches Bild hier von Palästinensern gezeichnet wird.
Und es ist einfach unverantwortlich Palästinenser unter einen Generalverdacht des Terrorismus zu stellen und dadurch in Kauf zu nehmen, dass es Zivilisten ihr Leben gekostet hat und kosten wird.
Zweifelsohne sind die Gewalttaten der Hamas der letzten Tage als grausamer Terrorismus einzustufen. Doch das Bild, welches hier oft „alle Palästinenser“ als gewaltbereites Terrorvolk darstellt, ist Öl im Feuer der Besatzung.
Ich wurde in der Vergangenheit oft gefragt, ob ich keine Angst in Palästina hätte. Und mir ist neulich erst aufgefallen, dass sich diese Frage vermutliche gegen Palästinenser richtet, beziehungsweise den Aufenthalt im Westjordanland, weil es da „gefährlich“ ist.
Das einzige wovor ich im Westjordanland Angst habe, ist das israelische Militär. Bei der Frage habe ich immer sofort an das Militär gedacht und nicht eine Sekunde an die palästinensische Regierung oder Zivilbevölkerung. Ich habe Angst, wenn ich in einem palästinensischen Dorf bin und die Armee unbefugt Gebiete betritt. Das bedeutet in der Regel nichts Gutes und die unbewaffnete palästinensische Bevölkerung ist dem meist wehrlos ausgeliefert.
Mich erfüllt es mit tiefer Trauer, dass ein Volk, welches so gastfreundlich ist, in der Wahrnehmung vieler Menschen aggressiv und grausam ist.
Wie kann es sein, dass israelische Regierungsabgeordnete alle in Gaza lebende Palästinenser als „Tiere“ beschimpfen dürfen, denen man alles (auch lebenserhaltende Ressourcen) wegnehmen werde und wir und das unkommentiert anhören?
Gleichzeitig werden Menschen, die sich für ein Ende einer Besatzung aussprechen, die Amnesty International sogar als System der Apartheid, bezeichnet, nicht gehört.
Die Hamas ist nicht Palästina.
Palästina braucht aber eine Stimme für ihren Widerstand gegen die Besatzung.
Die Palästinenser haben hier keine Stimme.
Wir haben den friedlichen Widerstand zahlreicher Palästinenser über Jahrzehnte lang in kleinen Gruppen beklatscht, aber im Großen und Ganzen ignoriert!
Wie viele Gedichte, Theaterstücke, Lieder und andere Arten von Kunst habe ich alleine in den letzten 13 Jahren sehen dürfen.
Aber die Sorgen und Hilferufe, die diese transportieren wollten, wurden unter anderem aus Angst, um unser eigenes Ansehen nicht ernst genommen, obwohl wir seit Jahrzehnten genau wissen, was dort passiert! Kritikern der israelischen Regierung, die es mittlerweile geschafft hat sich so weit rechts wie nie aufzustellen, wurde der Mund verboten; Bedenken und Fakten zur Besatzung häufig schnell als israelfeindlich abgestempelt - ohne den Wunsch nach friedlicher Veränderung dahinter zu sehen.
Ein besonderer Ort dieses friedlichen Widerstands ist das Freedom Theatre in Jenin.
Als es Anfang dieses Jahres massive Angriffe durch das israelische Militär auf das Flüchtlingscamp in Jenin gab, in dem auch das Theater sein Gebäude hat, habe ich folgendes geschrieben:
„Das freedom Theater ist nicht nur ein Ort der Kreativität, der Verarbeitung, der Heilung, des Auftankens und der Hoffnung. Es ist auch ein Tor zur Welt da draußen. Die kleine Hoffnung, dass die eigene Geschichte, die eigene traumatische Geschichte des Lebens gehört wird. Menschen von außen bleiben stehen. Schauen hin! Hören zu! Schauen sich im Ausland oder Palästina an was hier passiert. Einige bleiben. Verbunden. Einige ziehen weiter. Und doch bleibt die Hoffnung, dass sie beim nächsten lesen der Zeitung, wenn es wieder heißt: das Camp in Jenin ist ein Ort der Gewalt, palästinensische radikale und ihre Gewalteskapade, denken: nein Stopp. Ich sehe starke Kinder, Kreativität und ein liebevolles Team.“
Doch wir haben uns diese Geschichten nicht zu Herzen genommen! Haben den Kindern, die uns hier in Theaterstücken ihre Realität zeigen wollten, erklärt, dass es schwierig sei, hier alles einfach so zu sagen. In einem Land der Meinungsfreiheit.
Aufmerksamkeit der Welt gibt Kraft im Widerstand. Wenn die Welt dich sieht, bekommt man Hoffnung. Wenn die Welt dich nicht sieht, aber die Gewalt weitergeht, schleicht sich die Hoffnung langsam davon.
Wie viele Theaterstücke habe ich alleine über Gaza gesehen. An dieser Stelle möchte ich auch nochmal speziell auf Gaza eingehen.
Ein sehr guter Freund von mir und Schauspieler aus Jenin hat mich 2011 als wir über Gaza gesprochen haben, gefragt: „Was denkst du wird passieren, wenn man Menschen in einen viel zu kleinen Käfig sperrt und ihnen regelmäßig die nötige Versorgung streicht? Was würde ein Tiger machen? Ich denke nicht, dass er sich selber zähmen würde.“
Wir hätten diese Stimmen viel früher wahrnehmen können und uns überlegen können, was diese Situation mit und aus Menschen macht.
Gaza wird seit Jahrzehnten als „Freiluftgefängnis“ bezeichnet. In den Theaterstücken, die ich dazu gesehen habe ist mir besonders in Erinnerung geblieben, dass die Palästinenser aus Gaza oft wie Tiere im Zoo dargestellt wurden und wenn man jetzt die Worte der israelischen Regierung dazu hört, haben sie wohl ihr Ziel erreicht. Was mir auch in Erinnerung geblieben ist und ich auch oft in Diskussionen hören musste, ist, dass die zivile Bevölkerung in Gaza ja wenigstens vor Bombardierungen gewarnt wird. Damals in Form von Flugblättern, heute weiß ich nicht genau, ob und wie das passiert. Viel wichtiger ist auch die Frage: Was bedeutet das?
Die Palästinenser sollen sich damit zufriedengeben, dass sie doch wenigstens kurze Zeit bevor ihr Haus gesprengt wird und sie ihr Leben retten können, sich das Ganze nochmal mit eigenen Augen ansehen können.
Auf Basis solcher Einstellungen, führen wir hier teilweise Diskussionen zu diesem Thema. Das macht mich wütend, traurig und müde.
Der Gazastreifen wurde schon 2020 für unbewohnbar erklärt.
Die Kinder erleben, teilweise schon ihren 3. heftigen Krieg auf engstem Raum und ohne die nötige Versorgung und hart gesagt: ohne das es jemanden interessiert. Ohne das ein ernsthaftes Bestreben nach Veränderung besteht. Sie können nicht raus - nicht rein. Übrigens auch nicht, wenn Netanjahu den Aufruf macht, wer kann solle Gaza verlassen. Die Zivilbevölkerung kann Gaza nicht einfach verlassen.
Wir dürfen nicht ignorieren, dass diese Tatsache in den nächsten Tagen und Wochen weiter vielen hunderten Menschen das Leben kosten wird.
Ich frage mich, wie Palästinenserinnen und Palästinenser hier in Deutschland aushalten sollen, dass deutsche Politiker in Talkshows laut sagen dürfen, dass es okay ist, dass bei „Israel Verteidigung“ natürlich unschuldige Zivilisten in Gaza sterben werden und diese Handlungen trotzdem Deutschlands Solidarität fordern?
Ich frage mich, was die Erwartung an die Palästinenser in Gaza ist?
Ich frage mich, wie man über Jahre in dieser Situation psychisch gesund bleiben kann?
Ich frage mich – obgleich ich Gewalt in jeder Art und Weise verurteile – wie man sich in diesem Käfig nicht radikalisieren kann?
Ich habe mich in den letzten 10 Jahren oft gefragt, wie sich meine Werte, meine Sicht auf die Welt, meine Wut verändert hätte, wenn ich in Palästina geboren worden wäre. In Gaza. Wenn ich Familienmitglieder, meine eigenen Kinder oder Eltern in diesem Krieg verloren hätte.
Und ich muss ganz ehrlich gesagt sagen: Ich weiß es natürlich nicht. Es ist unmöglich sich in so eine Situation reinzuversetzen und sie wirklich nachzufühlen.
Aber ich frage mich, wie wir die Verantwortung der Besonnenheit in dieser Situation der zivilen Bevölkerung in Gaza auferlegen können?
Ich frage mich ob den Leuten, die so etwas sagen überhaupt klar ist, was da von Palästinensern verlangt wird. Im Kleinen gelingt es unserer Gesellschaft ja nicht einmal mit den unmittelbaren Nachbarn besonnen und konfliktfrei im Streit zu agieren.
Viele Menschen dort empfinden, dass sie nichts mehr zu verlieren haben.
Was soll also diese Besatzung und die Situation in Gaza für andere Folgen haben als einen grausamen jahrzehntelangen Krieg?
Deshalb müssen wir uns beide Seiten anhören, wenn wir wirklich verstehen möchten was passiert.
2. Der Staat Israel ist nicht das Volk der Israeliten.
Am liebsten würde ich nach der Überschrift einfach einen Punkt setzen. Aber ich weiß auch, dass das nicht geht und dieser Satz für viele nicht leicht zu verarbeiten ist und es mit Sicherheit auch andere Meinungen dazu gibt. Aber ich möchte versuchen zu erklären was ich damit meine.
Wir sollten uns in christlichen Kreisen Bewusst machen, dass der israelische Staat/ die israelische Regierung nicht einfach blind mit dem Volk der Israeliten gleichgesetzt werden kann. Es ist eine weltliche Regierung, die nach weltlichen Maßstäben regiert.
Der Staat Israel ist in sich keine Einheit, sondern eine gespaltene Gesellschaft, wie jeden andere auch. Menschen jüdischen Glaubens, die das Volk der Israeliten repräsentieren, sind auch gespalten. Wie andere Religionen auch. So gibt es innerhalb der jüdischen Glaubensgemeinschaft viele Stimmen, die sich für das Ende einer Besatzung einsetzten, weil sie dies als den einzigen Weg sehen, damit auch sie in Frieden leben können. Ein Beispiel ist hier die Organisation „jewish voice for peace“.
Alleine das macht den Vergleich schon schwierig.
Alleinige Solidarität NUR mit Israel bedeutet leider in vielen Fällen auch, sich nicht der palästinensischen Zivilbevölkerung und den Christen, die dort leben, zu solidarisieren.
Eigentlich müssten wir Christen, wenn wir mit offenen Augen durch dieses Land gehen, die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und uns fragen: Wie bringen wir das jetzt zusammen?
Dieser Ort ist heute eben leider mehr als der Ort an dem der historische Jesus unterwegs war.
Es ist zu einem Kriegsplatz grausamer Gewalt geworden. Auch an palästinensischen Christen.
Ich selbst habe in persönlichen Gesprächen mit palästinensischen Christen oft gehört, dass sie sehr darunter leiden, dass sich Christen aus aller Welt auf den Weg nach Israel machen und dabei oft nur die israelisch jüdische Seite kennenlernen. Die Christen in Palästina werden oft vergessen.
Ich habe das Gefühl in unserer heutigen Gesellschaft fragen sich viele Christinnen, was darf man eigentlich noch sagen?
Ich frage mich das gleiche manchmal in Bezug auf Palästina.
Darf ich laut sagen, dass ich es wichtig finde, mich voll und ganz mit beiden Seiten zu solidarisieren?
Darf ich mich fragen, warum wir in der Frage nach Israel und Palästina scheinbar eine viel engere Bindung nach Israel pflegen und die Christen vor Ort nicht wirklich sehen?
Darf ich sagen, dass es mich verletzt, wenn einzelne Gemeinden NUR zum Beten für Israel aufrufen und nicht zum Beten für Israel und Palästina?
Ich persönliche sehe es auch hier als meine Pflicht mich mit allen zivilen Opfern dieses Krieges zu solidarisieren. Ob jüdisch, muslimisch oder christlich. Ob palästinensisch oder israelisch.
Ich möchte dafür beten, dass Unterdrückung endet und die Liebe siegt und mich nicht einfach blind mit einer weltlichen Regierung solidarisieren, die seit Jahrzehnten andere Ziele als den Frieden verfolgt.
Ich möchte mit folgendem Zitat, welches ich bei einer Ausstellung gelesen habe, enden:
„Frieden wird nur einkehren, wenn beide Seiten sich gegenseitig und gleichermaßen als Kinder derselben Schöpfung respektieren“
(Abdulkarim Attila, b'tselem)
3. Worum es im Kern am Ende geht:
Leid darf nebeneinander existieren. Und Leid schließt sich nicht aus.
Es muss möglich sein sich pro Palästina zu äußern und gegen die Hamas zu sein.
Es muss möglich sein, um die getöteten Israelis zu weinen und gleichzeitig die Opfer in Gaza und dem Westjordanland zu beweinen.
Es muss möglich sein sich dafür stark zu machen, dass jüdische Organisationen hier in Deutschland jetzt allen Schutz bekommen, den sie brauchen, und gleichzeitig laut gegen die anhaltende Unterdrückung und Besatzung der Palästinenser zu protestieren.
Und es muss auch möglich sein Hass und Hetze gegen Menschen jüdischen Glaubens aufs schärfste zu verurteilen und gleichzeitig den Emotionen und der Trauer, der hier lebenden Palästinenser und Palästinenserinnen Raum zu geben.
Wir dürfen unserer Solidarität und unserem Mitgefühl doch keine Grenze setzen und Unterschiede der Herkunft machen, wenn es um kriegerische Gewalt geht!!!
Wenn wir wirklich an ehrlichem Frieden interessiert sind, dann müssen wir uns beide Seiten anhören und doppelte Solidarität nicht nur predigen, sondern auch leben!
Wenn wir wirklich an ehrlichem Frieden interessiert sind, dann müssen wir uns dafür einsetzten, beten und stark machen, dass die Besatzung endet. Ohne ein Ende der Besatzung wird es weder für die palästinensische noch für die israelische Bevölkerung Perspektive und Frieden geben.